© Kanzlei Königsweg
Der Haftcoach
Neues & Aktuelles
Max Wandermann hat im Strafvollzug seiner Wut musikalisch Ausdruck verliehen:
Wir begrüßen, dass er seine Wut in eine kreative Bahn gelenkt hat und hoffen,
öfter von ihm zu hören.
Kontakt:
Max Wandermann
+49-173-2133870
Die Ausgabe 2 unserer Mandantenzeitschrift “Haftcoach.com” ist jetzt als PDF
verfügbar: Haftcoach2.pdf
Nachfolgende Entscheidung des
BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS
in: - 2 BvR 1017/14 – wurde diesseits zwar nicht geführt. Sie gibt aber Hinweise auf
aktuelle Tendenzen und stellt einen Warnschuss für die Gesetzgeber der Länder
dar.
In den nächsten Jahren dürften diesseits vermehrt Verfahren im Hinblick auf die
Höhe der noch angemessenen Vergütung sowie Verfassungsbeschwerden geführt
werden.
Das Verfassungsgericht führt aus:
„Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines
Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.“
Ähnliche Ausführungen sind im juristischen Alltag die Regel.
Insbesondere das LG Hamburg hat zum Zeichen: 607 Vollz 23/18 mit Beschluss
vom 14.05.2018 gerade die Beiordnung des Unterzeichners zurückgewiesen, da
der Fall „einfach gelagert“ sein soll und der (nicht deutsche) Antragsteller, gegen
den eine rechtskräftige Ausweisungsverfügung besteht, „sehr gut in der Lage“
wäre, seine Rechte selbständig wahrzunehmen.
Entsprechende Beschlüsse werden vom LG Lübeck regelmäßig produziert und vom
OLG Schleswig in aller Regel auch gehalten.
Die eingangs erwähnte Verfassungsbeschwerde betrifft die Neuregelung der
Vergütung von Strafgefangenen für freiwillige Arbeit im Strafvollzug.
„2
1. Der Beschwerdeführer verbüßt eine Strafhaft in Rheinland-Pfalz. Er wurde
gemäß § 37 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 1 Satz 1 StVollzG zu einer Tätigkeit in der
Druckerei/Buchbinderei der Justizvollzugsanstalt verpflichtet. Für seine Tätigkeit
erhielt er bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsentgelt als monetäre sowie eine
Freistellung von der Arbeit von bis zu 6 Tagen pro Jahr als nicht monetäre
Vergütungskomponente. Der Bemessung des Arbeitsentgelts waren 9 vom
Hundert der Bezugsgröße gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1, 2, § 200 StVollzG, § 18 Abs. 1
SGB IV zu Grunde zu legen. Die nicht monetäre Vergütungskomponente konnte bei
Vorliegen der Voraussetzungen als Urlaub aus der Haft genutzt oder auf den
Entlassungszeitpunkt angerechnet werden, § 43 Abs. 1, 6 Satz 1, Abs. 7, 9 StVollzG.
War eine Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt - etwa im Falle der Verbüßung
einer lebenslangen Freiheitsstrafe, wenn der Entlassungszeitpunkt noch nicht
bestimmt war - ausgeschlossen, so erhielt der Gefangene gemäß § 43 Abs. 10, 11
Satz 1 StVollzG stattdessen eine Ausgleichsentschädigung von zusätzlich 15 vom
Hundert der ihm gewährten Vergütung.
3
2. Mit dem Inkrafttreten des Landesjustizvollzugsgesetzes (LJVollzG vom 8. Mai
2013, GVBl S. 79) am 1. Juni 2013 wurde das StVollzG gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2
GG weitgehend ersetzt. Durch die Neuregelung fiel die nicht monetäre
Vergütungskomponente ersatzlos weg. § 65 Abs. 1 Nr. 3 LJVollzG sieht im Vergleich
zu § 43 Abs. 1 StVollzG lediglich die Beibehaltung der monetären
Vergütungskomponente in unveränderter Höhe vor. Der Landesgesetzgeber
begründet dies mit einer neuen Vollzugskonzeption. Grundgedanke der dem
Gesetz zugrunde liegenden Konzeption sei es, dass die Straf- und
Jugendstrafgefangenen während der Haftzeit die für ihre Straftaten (mit-)
ursächlichen Defizite beheben und die einer künftigen Straffälligkeit
entgegenwirkenden Fähigkeiten stärken sollen. Arbeit stelle deshalb - anders
als im Strafvollzugsgesetz des Bundes - nicht den zentralen, sondern nur einen von
vielen Resozialisierungsfaktoren dar. Lägen im Einzelfall Defizite im Arbeitsbereich
vor, könne der gezielte Einsatz individueller Arbeitsmaßnahmen in Form einer
Arbeitstherapie oder des Arbeitstrainings, der der Resozialisierung der Gefangenen
stärker Rechnung trage, erfolgen (LTDrucks 16/1910, S. 127).“
(Hervorhebung durch den Unterzeichner)
Auch diese Argumentation findet sich regelmäßig auf Seiten der
Justizvollzugsanstalten.
Alle Maßnahmen, die auf den ersten Blick willkürlich und verfassungswidrig
wirken, werden vor dem Hintergrund eines angeblich neuen Konzeptes als
rechtmäßig darzustellen versucht.
Es lohnt sich, diese „Konzepte“ in verschrifteter Form einzufordern.
An dieser Stelle ist Verteidigertätigkeit gefragt. Insbesondere über abrufbare kleine
und große Anfragen im Landtag lässt sich beispielsweise nachweisen, dass es mit
dem „neuen Konzept“ ggf. zweifelhaft sein mag, da so ggf. nach der Beantwortung
von Anfragen in dargestellter Form seit Jahrzehnten verfahren wird.
8
… Der Beschwerdeführer (rügte) insbesondere eine Verletzung des
Resozialisierungsgebotes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
9
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur
Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
10
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil nicht erkennbar ist, dass der
Beschwerdeführer den Grundsatz der materiellen Subsidiarität gewahrt hat (vgl.
BVerfGE 68, 384 <388 f.>; 77, 381 <401>; 81, 97 <102 f.>; 107, 395 <414>; stRspr).“
Auch diese oft zu lesende Argumentation ist eine Herausforderung für
Verfassungsbeschwerden.
Der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der
Subsidiarität erfordert, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer
Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten
ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung
zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern.
Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise
Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann.
Die Einhaltung dieses Gebots ist ohne die Eingehung von zusätzlichen
Kostenrisiken kaum möglich.
Beliebt ist diese Argumentation bei der Verletzung des Grundsatzes des
rechtlichen Gehörs.
Die Gehörsrüge wäre gegenüber dem Gericht zu erheben, gegen dessen
Entscheidung man vorgehen möchte.
Diese wird i.d.R. abgewiesen. Eine Entscheidung erhält man jedoch erst nach
Ablauf der Monatsfrist für die Verfassungsbeschwerde.
Die Verfassungsbeschwerde ist daher Parallel dazu einzulegen und mit dem Risiko
der Unzulässigkeit behaftet.
Gegen eine Abschlägige Bescheidung der Gehörsrüge wäre sodann eine 2.
Verfassungsbeschwerde einzureichen.
Das Gericht gibt daher eher Steine als Brot.
Dennoch gab das Verfassungsgericht folgende „Segelanweisung“:
12
a) Die Verfassung gebietet, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung der
Gefangenen hin auszurichten. Der einzelne Gefangene hat aus Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass
dieser Zielsetzung bei ihn belastenden Maßnahmen genügt wird (vgl. BVerfGE 35,
202 <235 f.>; BVerfGE 98, 169 <200>).
13
Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot ist für alle staatliche Gewalt
verbindlich. Es richtet sich zunächst an die Gesetzgebung, der es aufgegeben ist,
den Strafvollzug normativ zu gestalten (vgl. BVerfGE 33, 1 <10 f.>). Es verpflichtet
den Gesetzgeber, ein wirksames Resozialisierungskonzept zu entwickeln und den
Strafvollzug darauf aufzubauen. Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot
entfaltet seine Bedeutung freilich auch für Verwaltung und Rechtsprechung, wenn
es gilt, unbestimmte Rechtsbegriffe oder Generalklauseln auszulegen, oder wenn
der Gesetzgeber den Vollzugsbehörden ein Rechtsfolgeermessen eingeräumt hat
(BVerfGE 98, 169 <201>).
14
Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot legt den Gesetzgeber nicht auf
ein bestimmtes Regelungskonzept fest; vielmehr ist ihm für die Entwicklung
eines wirksamen Konzepts ein weiter Gestaltungsraum eröffnet. Er kann
unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisse, namentlich auf den
Gebieten der Anthropologie, Kriminologie, Sozialtherapie und Ökonomie, zu einer
Regelung gelangen, die - auch unter Berücksichtigung von Kostenfolgen - mit dem
Rang und der Dringlichkeit anderer Staatsaufgaben in Einklang steht (vgl. BVerfGE
82, 60 <80 ff.>; 90, 107 <116>; 96, 288 <305 f.>; 98, 169 <201>).
15
b) Demnach steht es dem Gesetzgeber zwar grundsätzlich frei, dem
Resozialisierungsgebot mit anderen Maßnahmen als durch Arbeit Rechnung zu
tragen. Indes erscheint es zweifelhaft, dass die Arbeit im Strafvollzug des
Landes Rheinland-Pfalz kein gewichtiges Resozialisierungsmittel mehr
darstellt. Auch wenn für eine abschließende Bewertung eine umfassende
Prüfung des Vollzugskonzepts und seiner praktischen Umsetzung
erforderlich wäre, bestehen Zweifel, dass die Resozialisierung auch ohne
Arbeit hinreichend gewährleistet ist, zumal therapeutische, psychiatrische
sowie Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen den Alltag der Gefangenen
in der Regel nicht ausfüllen und sie zudem ohnehin nur für einen Teil der
Gefangenen in Betracht kommen dürften. Daher liegt die Annahme nahe,
dass die Arbeit auch nach Inkrafttreten des LJVollzG ein gewichtiger
Resozialisierungsfaktor geblieben ist.
16
c) Arbeit im Strafvollzug ist aber nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel,
wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet (BVerfGE 98, 169
<201>). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für diejenige Arbeit, die dem Gefangenen
als Pflichtarbeit zugewiesen ist, sondern auch für eine freiwillig übernommene
Tätigkeit. Die soeben zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 1998 erging zwar im Hinblick auf die angemessene Anerkennung der
Pflichtarbeit, dies jedoch deshalb, weil Gegenstand der Entscheidung eine
gesetzgeberische Konzeption war, die ausschließlich die Pflichtarbeit vorsah
(BVerfGE 98, 169 <199>). Sowohl die Pflicht- als auch die freiwillige Arbeit im
Vollzug dienen denselben Zielen, so werden etwa Selbstbestätigung und
Arbeitsabläufe vermittelt (vgl. mit Bezug zur Pflichtarbeit Landau/Kunze/Poseck,
NJW 2001, S. 2611 <2613>). Ferner dient die Arbeit der Strukturierung des
Haftalltags. Durch die Vergütung ihrer Arbeit wird den Gefangenen zudem sowohl
im Falle der freiwilligen als auch der Pflichtarbeit ermöglicht, Geld für die Erfüllung
von Unterhaltsverpflichtungen, den Schuldenabbau, den Ausgleich von Tatfolgen
oder den Einkauf zu verdienen (für die freiwillige Arbeit: LTDrucks 16/1910, S. 140).
Wegen der gleichgerichteten Zielsetzung muss die Anerkennung daher in beiden
Fällen geeignet sein, dem Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein
künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn
greifbaren Vorteils vor Augen zu führen. Nur wenn der Gefangene eine als sinnvoll
erlebbare Arbeitsleistung erbringen kann, darf der Gesetzgeber davon ausgehen,
dass der Gefangene sich bei der Entwicklung beruflicher Fähigkeiten sowie bei der
Entfaltung seiner Persönlichkeit auf ein positives Verhältnis zur Arbeit zu stützen
vermag (vgl. mit Bezug zur Pflichtarbeit BVerfGE 98, 169 <201>).
17
d) Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 1. Juli
1998 (BVerfGE 98, 169) die Höhe der zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich
monetären Vergütung mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der
Resozialisierung für nicht vereinbar erklärt hatte, trat durch das 5. Gesetz zur
Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27. Dezember 2000 zum 1. Januar
2001 eine Neuregelung der §§ 43 und 200 StVollzG in Kraft (BGBl I S. 2043). Die
Pflichtarbeit des Gefangenen wurde seit dieser Änderung des Bundesgesetzes
durch ein erhöhtes Arbeitsentgelt und durch Freistellung von der Arbeit vergütet.
Diese Regelung, die eine monetäre und eine nicht monetäre
Vergütungskomponente kombinierte, war auf den Beschwerdeführer bis zum
Inkrafttreten des Landesgesetzes anwendbar.
18
Die Frage, ob diese Kombination aus monetärer und nicht monetärer
Vergütungskomponente gemessen an dem verfassungsrechtlichen
Resozialisierungsgebot eine angemessene Entlohnung darstellt, war Gegenstand
einer Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2002. Die
Kammer gelangte zu dem Ergebnis, dass die neu gefassten Regelungen zur
Vergütung der Gefangenen noch verfassungsgemäß seien. Im Hinblick auf die
Höhe der monetären Vergütung habe der Gesetzgeber die äußerste Grenze einer
verfassungsrechtlich zulässigen Bezugsgröße noch gewahrt. Er bleibe aber
aufgefordert, die Bezugsgröße nicht festzuschreiben, sondern einer steten Prüfung
zu unterziehen. Gerade die Gewährung von Freistellung in Abhängigkeit zur
geleisteten Arbeit werde dem Resozialisierungsgebot gerecht. Allerdings
bleibe der Gesetzgeber auch hier aufgefordert, den Umfang der nicht
monetären Leistung einer ständigen Überprüfung zu unterziehen (BVerfG,
Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR
2175/01 -, juris, Rn. 30, 42, 49).
19
e) Es besteht zwar zu Gunsten des Gesetzgebers ein weiter Spielraum bei der
Ausgestaltung der Vergütung der Gefangenenarbeit, sodass eine gesetzgeberische
Neukonzeption möglich ist (BVerfGE 98, 169 <201>; BVerfG, Beschluss der 3.
Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, juris, Rn. 37 f.).
Jedoch muss die Vergütung für im Vollzug geleistete Arbeit stets geeignet
sein, dem Resozialisierungsgebot gerecht zu werden. Auf welche Weise der
Gesetzgeber dies erreicht, bleibt ihm überlassen.“
(Hervorhebung durch den Unterzeichner)
Zwischen den Zeilen hat das BVerfG damit mehr als deutlich gemacht, dass sich
der Gesetzgeber die gegenwärtigen Regeln umgehend anpassen soll, wenn er
nicht eine negative Entscheidung des BVerfG in naher Zukunft riskieren möchte.
Landgericht Hamburg
Az.: 607 Vollz 40/18
Beschluss vom 14.05.2018
Das Landgericht führt in einem diesseits begleiteten Verfahrens, in dem der
Unterzeichner ebenfalls nicht beigeordnet wurde, auszugsweise aus:
„Die Gewährung unüberwachter Langezeitbesuche für Sicherungsverwahrte ist in §
26 Abs. 2 HmbSWollzG geregelt. Danach sollen Langezeitbesuche ermöglicht
werden, wenn dies zur Förderung partnerschaftlicher Kontakte geboten erscheint
und der Antragsteller hierfür geeignet erscheint. Ein Rechtsanspruch des
Antragstellers auf Zulassung zu einem Langzeitbesuch besteht danach nicht,
vielmehr steht die Entscheidung hierüber im Ermessen der Antragsgegnerin als
Vollzugsbehörde.
Als sog. „Sollvorschrift" schränkt § 26 Abs. 2 HmbSWollzG das Ermessen der
Antragsgegnerin jedoch stark ein und verpflichtet sie dazu, Langzeitbesuche in der
Regel zu erlauben. Ein Abweichen von dieser Regel ist zwar möglich, jedoch als
Ermessensentscheidung unter sachlicher Abwägung aller einschlägigen
Gesichtspunkte des konkreten Einzelfalls zu begründen, wobei insbesondere der in
Art. 6 GG zum Ausdruck kommende Gedanke des Schutzes der Ehe und Familie zu
beachten ist (vgl. zu allem u.a. Schwind in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal,
StVollzG, 6.Aufl., 2013, § 24, Rdn. 16; HansOLG, Beschluss vom 9.4.2004, 3 Vollz
(Ws) 47/04, ZfStrVo 2005, 55).
Nach diesen Maßstäben hält die Entscheidung der Antragsgegnerin einer
gerichtlichen Überprüfung, die sich gem. § 115 Abs. 5 StVollzG alleine auf die
Prüfung von Ermessensfehlern beschränkt, nicht stand.
Aus der überaus kurzen Begründung des ablehnenden Bescheids ist nicht
ersichtlich, dass die Antragsgegnerin sich ihres eingeschränkten Ermessens
bewusst war und dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis mit ihrer
Entscheidung Rechnung getragen hat. Bereits dies führt dazu, dass die
Entscheidung rechtsfehlerhaft ist (vgl. HansOLG a.a.O).
Zudem stützt sich die Entscheidung mit dem einseitig herangezogenen einzigen
Aspekt der fehlenden Mitarbeitsbereitschaft lediglich auf einen relevanten Aspekt,
ohne weitere Ermessenserwägungen, wie etwa die Länge und Intensität der
Beziehung zur Lebensgefährtin, bisheriges Besuchsverhalten, die Länge des
Anreiseweges für Besuche, das allgemeine Vollzugsverhalten des Antragstellers
oder auch sonstige Lockerungen, die ggf. zu berücksichtigen gewesen wären, zu
benennen und gegeneinander abzuwägen! Weder werden alle (erforderlichen)
Aspekte der Ermessensentscheidung benannt, noch ergibt sich aus der
Entscheidung eine Gewichtung der bei der Gesamtabwägung berücksichtigten
Umstände. Auch dies macht die Entscheidung fehlerhaft (vgl. HansOLG a.a.O).
Die Ermessensentscheidung ist - so sie denn überhaupt bewusst getroffen wurde -
in der vorliegenden Form für die Kammer inhaltlich nicht nachvollziehbar und
daher auch nicht dahin überprüfbar, ob sie dem Rechtsanspruch des
Antragstellers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung genügt.
Im Ergebnis hält die Entscheidung der Antragsgegnerin somit den Anforderungen
an eine hinreichende Ermessenausübung nicht stand und war daher aufzuheben.
Der Haftcoach
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verliehen:
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hoffen, öfter von ihm zu hören.
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Max Wandermann
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PDF verfügbar: Haftcoach2.pdf
Nachfolgende Entscheidung des
BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS
in: - 2 BvR 1017/14 – wurde diesseits zwar nicht geführt. Sie gibt aber
Hinweise auf aktuelle Tendenzen und stellt einen Warnschuss für die
Gesetzgeber der Länder dar.
In den nächsten Jahren dürften diesseits vermehrt Verfahren im Hinblick auf
die Höhe der noch angemessenen Vergütung sowie
Verfassungsbeschwerden geführt werden.
Das Verfassungsgericht führt aus:
„Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines
Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.“
Ähnliche Ausführungen sind im juristischen Alltag die Regel.
Insbesondere das LG Hamburg hat zum Zeichen: 607 Vollz 23/18 mit
Beschluss vom 14.05.2018 gerade die Beiordnung des Unterzeichners
zurückgewiesen, da der Fall „einfach gelagert“ sein soll und der (nicht
deutsche) Antragsteller, gegen den eine rechtskräftige
Ausweisungsverfügung besteht, „sehr gut in der Lage“ wäre, seine Rechte
selbständig wahrzunehmen.
Entsprechende Beschlüsse werden vom LG Lübeck regelmäßig produziert
und vom OLG Schleswig in aller Regel auch gehalten.
Die eingangs erwähnte Verfassungsbeschwerde betrifft die Neuregelung der
Vergütung von Strafgefangenen für freiwillige Arbeit im Strafvollzug.
„2
1. Der Beschwerdeführer verbüßt eine Strafhaft in Rheinland-Pfalz. Er wurde
gemäß § 37 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 1 Satz 1 StVollzG zu einer Tätigkeit in der
Druckerei/Buchbinderei der Justizvollzugsanstalt verpflichtet. Für seine
Tätigkeit erhielt er bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsentgelt als monetäre
sowie eine Freistellung von der Arbeit von bis zu 6 Tagen pro Jahr als nicht
monetäre Vergütungskomponente. Der Bemessung des Arbeitsentgelts
waren 9 vom Hundert der Bezugsgröße gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1, 2, § 200
StVollzG, § 18 Abs. 1 SGB IV zu Grunde zu legen. Die nicht monetäre
Vergütungskomponente konnte bei Vorliegen der Voraussetzungen als
Urlaub aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet
werden, § 43 Abs. 1, 6 Satz 1, Abs. 7, 9 StVollzG. War eine Anrechnung auf
den Entlassungszeitpunkt - etwa im Falle der Verbüßung einer lebenslangen
Freiheitsstrafe, wenn der Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt war -
ausgeschlossen, so erhielt der Gefangene gemäß § 43 Abs. 10, 11 Satz 1
StVollzG stattdessen eine Ausgleichsentschädigung von zusätzlich 15 vom
Hundert der ihm gewährten Vergütung.
3
2. Mit dem Inkrafttreten des Landesjustizvollzugsgesetzes (LJVollzG vom 8.
Mai 2013, GVBl S. 79) am 1. Juni 2013 wurde das StVollzG gemäß Art. 125a
Abs. 1 Satz 2 GG weitgehend ersetzt. Durch die Neuregelung fiel die nicht
monetäre Vergütungskomponente ersatzlos weg. § 65 Abs. 1 Nr. 3 LJVollzG
sieht im Vergleich zu § 43 Abs. 1 StVollzG lediglich die Beibehaltung der
monetären Vergütungskomponente in unveränderter Höhe vor. Der
Landesgesetzgeber begründet dies mit einer neuen
Vollzugskonzeption. Grundgedanke der dem Gesetz zugrunde
liegenden Konzeption sei es, dass die Straf- und Jugendstrafgefangenen
während der Haftzeit die für ihre Straftaten (mit-) ursächlichen Defizite
beheben und die einer künftigen Straffälligkeit entgegenwirkenden
Fähigkeiten stärken sollen. Arbeit stelle deshalb - anders als im
Strafvollzugsgesetz des Bundes - nicht den zentralen, sondern nur einen von
vielen Resozialisierungsfaktoren dar. Lägen im Einzelfall Defizite im
Arbeitsbereich vor, könne der gezielte Einsatz individueller
Arbeitsmaßnahmen in Form einer Arbeitstherapie oder des Arbeitstrainings,
der der Resozialisierung der Gefangenen stärker Rechnung trage, erfolgen
(LTDrucks 16/1910, S. 127).“
(Hervorhebung durch den Unterzeichner)
Auch diese Argumentation findet sich regelmäßig auf Seiten der
Justizvollzugsanstalten.
Alle Maßnahmen, die auf den ersten Blick willkürlich und verfassungswidrig
wirken, werden vor dem Hintergrund eines angeblich neuen Konzeptes als
rechtmäßig darzustellen versucht.
Es lohnt sich, diese „Konzepte“ in verschrifteter Form einzufordern.
An dieser Stelle ist Verteidigertätigkeit gefragt. Insbesondere über abrufbare
kleine und große Anfragen im Landtag lässt sich beispielsweise nachweisen,
dass es mit dem „neuen Konzept“ ggf. zweifelhaft sein mag, da so ggf. nach
der Beantwortung von Anfragen in dargestellter Form seit Jahrzehnten
verfahren wird.
8
… Der Beschwerdeführer (rügte) insbesondere eine Verletzung des
Resozialisierungsgebotes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
9
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur
Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
10
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil nicht erkennbar ist, dass
der Beschwerdeführer den Grundsatz der materiellen Subsidiarität gewahrt
hat (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>; 77, 381 <401>; 81, 97 <102 f.>; 107, 395
<414>; stRspr).“
Auch diese oft zu lesende Argumentation ist eine Herausforderung für
Verfassungsbeschwerden.
Der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der
Subsidiarität erfordert, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer
Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen
Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten
Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu
verhindern.
Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer
Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden
kann.
Die Einhaltung dieses Gebots ist ohne die Eingehung von zusätzlichen
Kostenrisiken kaum möglich.
Beliebt ist diese Argumentation bei der Verletzung des Grundsatzes des
rechtlichen Gehörs.
Die Gehörsrüge wäre gegenüber dem Gericht zu erheben, gegen dessen
Entscheidung man vorgehen möchte.
Diese wird i.d.R. abgewiesen. Eine Entscheidung erhält man jedoch erst nach
Ablauf der Monatsfrist für die Verfassungsbeschwerde.
Die Verfassungsbeschwerde ist daher Parallel dazu einzulegen und mit dem
Risiko der Unzulässigkeit behaftet.
Gegen eine Abschlägige Bescheidung der Gehörsrüge wäre sodann eine 2.
Verfassungsbeschwerde einzureichen.
Das Gericht gibt daher eher Steine als Brot.
Dennoch gab das Verfassungsgericht folgende „Segelanweisung“:
12
a) Die Verfassung gebietet, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung
der Gefangenen hin auszurichten. Der einzelne Gefangene hat aus Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einen grundrechtlichen Anspruch
darauf, dass dieser Zielsetzung bei ihn belastenden Maßnahmen genügt
wird (vgl. BVerfGE 35, 202 <235 f.>; BVerfGE 98, 169 <200>).
13
Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot ist für alle staatliche
Gewalt verbindlich. Es richtet sich zunächst an die Gesetzgebung, der es
aufgegeben ist, den Strafvollzug normativ zu gestalten (vgl. BVerfGE 33, 1
<10 f.>). Es verpflichtet den Gesetzgeber, ein wirksames
Resozialisierungskonzept zu entwickeln und den Strafvollzug darauf
aufzubauen. Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot entfaltet
seine Bedeutung freilich auch für Verwaltung und Rechtsprechung, wenn es
gilt, unbestimmte Rechtsbegriffe oder Generalklauseln auszulegen, oder
wenn der Gesetzgeber den Vollzugsbehörden ein Rechtsfolgeermessen
eingeräumt hat (BVerfGE 98, 169 <201>).
14
Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot legt den Gesetzgeber
nicht auf ein bestimmtes Regelungskonzept fest; vielmehr ist ihm für die
Entwicklung eines wirksamen Konzepts ein weiter Gestaltungsraum
eröffnet. Er kann unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehenden
Erkenntnisse, namentlich auf den Gebieten der Anthropologie, Kriminologie,
Sozialtherapie und Ökonomie, zu einer Regelung gelangen, die - auch unter
Berücksichtigung von Kostenfolgen - mit dem Rang und der Dringlichkeit
anderer Staatsaufgaben in Einklang steht (vgl. BVerfGE 82, 60 <80 ff.>; 90,
107 <116>; 96, 288 <305 f.>; 98, 169 <201>).
15
b) Demnach steht es dem Gesetzgeber zwar grundsätzlich frei, dem
Resozialisierungsgebot mit anderen Maßnahmen als durch Arbeit Rechnung
zu tragen. Indes erscheint es zweifelhaft, dass die Arbeit im Strafvollzug
des Landes Rheinland-Pfalz kein gewichtiges Resozialisierungsmittel
mehr darstellt. Auch wenn für eine abschließende Bewertung eine
umfassende Prüfung des Vollzugskonzepts und seiner praktischen
Umsetzung erforderlich wäre, bestehen Zweifel, dass die
Resozialisierung auch ohne Arbeit hinreichend gewährleistet ist, zumal
therapeutische, psychiatrische sowie Trainings- und
Qualifizierungsmaßnahmen den Alltag der Gefangenen in der Regel
nicht ausfüllen und sie zudem ohnehin nur für einen Teil der
Gefangenen in Betracht kommen dürften. Daher liegt die Annahme
nahe, dass die Arbeit auch nach Inkrafttreten des LJVollzG ein
gewichtiger Resozialisierungsfaktor geblieben ist.
16
c) Arbeit im Strafvollzug ist aber nur dann ein wirksames
Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit angemessene
Anerkennung findet (BVerfGE 98, 169 <201>). Dieser Grundsatz gilt nicht nur
für diejenige Arbeit, die dem Gefangenen als Pflichtarbeit zugewiesen ist,
sondern auch für eine freiwillig übernommene Tätigkeit. Die soeben zitierte
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 erging
zwar im Hinblick auf die angemessene Anerkennung der Pflichtarbeit, dies
jedoch deshalb, weil Gegenstand der Entscheidung eine gesetzgeberische
Konzeption war, die ausschließlich die Pflichtarbeit vorsah (BVerfGE 98, 169
<199>). Sowohl die Pflicht- als auch die freiwillige Arbeit im Vollzug dienen
denselben Zielen, so werden etwa Selbstbestätigung und Arbeitsabläufe
vermittelt (vgl. mit Bezug zur Pflichtarbeit Landau/Kunze/Poseck, NJW 2001,
S. 2611 <2613>). Ferner dient die Arbeit der Strukturierung des Haftalltags.
Durch die Vergütung ihrer Arbeit wird den Gefangenen zudem sowohl im
Falle der freiwilligen als auch der Pflichtarbeit ermöglicht, Geld für die
Erfüllung von Unterhaltsverpflichtungen, den Schuldenabbau, den Ausgleich
von Tatfolgen oder den Einkauf zu verdienen (für die freiwillige Arbeit:
LTDrucks 16/1910, S. 140). Wegen der gleichgerichteten Zielsetzung muss
die Anerkennung daher in beiden Fällen geeignet sein, dem Gefangenen den
Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und
straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils vor Augen zu
führen. Nur wenn der Gefangene eine als sinnvoll erlebbare Arbeitsleistung
erbringen kann, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass der Gefangene
sich bei der Entwicklung beruflicher Fähigkeiten sowie bei der Entfaltung
seiner Persönlichkeit auf ein positives Verhältnis zur Arbeit zu stützen
vermag (vgl. mit Bezug zur Pflichtarbeit BVerfGE 98, 169 <201>).
17
d) Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom
1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169) die Höhe der zum damaligen Zeitpunkt
ausschließlich monetären Vergütung mit dem verfassungsrechtlichen
Gebot der Resozialisierung für nicht vereinbar erklärt hatte, trat durch
das 5. Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27.
Dezember 2000 zum 1. Januar 2001 eine Neuregelung der §§ 43 und 200
StVollzG in Kraft (BGBl I S. 2043). Die Pflichtarbeit des Gefangenen wurde
seit dieser Änderung des Bundesgesetzes durch ein erhöhtes Arbeitsentgelt
und durch Freistellung von der Arbeit vergütet. Diese Regelung, die eine
monetäre und eine nicht monetäre Vergütungskomponente kombinierte,
war auf den Beschwerdeführer bis zum Inkrafttreten des Landesgesetzes
anwendbar.
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Die Frage, ob diese Kombination aus monetärer und nicht monetärer
Vergütungskomponente gemessen an dem verfassungsrechtlichen
Resozialisierungsgebot eine angemessene Entlohnung darstellt, war
Gegenstand einer Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im
Jahr 2002. Die Kammer gelangte zu dem Ergebnis, dass die neu
gefassten Regelungen zur Vergütung der Gefangenen noch
verfassungsgemäß seien. Im Hinblick auf die Höhe der monetären
Vergütung habe der Gesetzgeber die äußerste Grenze einer
verfassungsrechtlich zulässigen Bezugsgröße noch gewahrt. Er bleibe aber
aufgefordert, die Bezugsgröße nicht festzuschreiben, sondern einer steten
Prüfung zu unterziehen. Gerade die Gewährung von Freistellung in
Abhängigkeit zur geleisteten Arbeit werde dem Resozialisierungsgebot
gerecht. Allerdings bleibe der Gesetzgeber auch hier aufgefordert, den
Umfang der nicht monetären Leistung einer ständigen Überprüfung zu
unterziehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom
24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, juris, Rn. 30, 42, 49).
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e) Es besteht zwar zu Gunsten des Gesetzgebers ein weiter Spielraum bei
der Ausgestaltung der Vergütung der Gefangenenarbeit, sodass eine
gesetzgeberische Neukonzeption möglich ist (BVerfGE 98, 169 <201>;
BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2
BvR 2175/01 -, juris, Rn. 37 f.). Jedoch muss die Vergütung für im Vollzug
geleistete Arbeit stets geeignet sein, dem Resozialisierungsgebot
gerecht zu werden. Auf welche Weise der Gesetzgeber dies erreicht,
bleibt ihm überlassen.“
(Hervorhebung durch den Unterzeichner)
Zwischen den Zeilen hat das BVerfG damit mehr als deutlich gemacht, dass
sich der Gesetzgeber die gegenwärtigen Regeln umgehend anpassen soll,
wenn er nicht eine negative Entscheidung des BVerfG in naher Zukunft
riskieren möchte.
Landgericht Hamburg
Az.: 607 Vollz 40/18
Beschluss vom 14.05.2018
Das Landgericht führt in einem diesseits begleiteten Verfahrens, in dem der
Unterzeichner ebenfalls nicht beigeordnet wurde, auszugsweise aus:
„Die Gewährung unüberwachter Langezeitbesuche für Sicherungsverwahrte
ist in § 26 Abs. 2 HmbSWollzG geregelt. Danach sollen Langezeitbesuche
ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung partnerschaftlicher Kontakte
geboten erscheint und der Antragsteller hierfür geeignet erscheint. Ein
Rechtsanspruch des Antragstellers auf Zulassung zu einem Langzeitbesuch
besteht danach nicht, vielmehr steht die Entscheidung hierüber im
Ermessen der Antragsgegnerin als Vollzugsbehörde.
Als sog. „Sollvorschrift" schränkt § 26 Abs. 2 HmbSWollzG das Ermessen der
Antragsgegnerin jedoch stark ein und verpflichtet sie dazu, Langzeitbesuche
in der Regel zu erlauben. Ein Abweichen von dieser Regel ist zwar möglich,
jedoch als Ermessensentscheidung unter sachlicher Abwägung aller
einschlägigen Gesichtspunkte des konkreten Einzelfalls zu begründen, wobei
insbesondere der in Art. 6 GG zum Ausdruck kommende Gedanke des
Schutzes der Ehe und Familie zu beachten ist (vgl. zu allem u.a. Schwind in
Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6.Aufl., 2013, § 24, Rdn. 16;
HansOLG, Beschluss vom 9.4.2004, 3 Vollz (Ws) 47/04, ZfStrVo 2005, 55).
Nach diesen Maßstäben hält die Entscheidung der Antragsgegnerin einer
gerichtlichen Überprüfung, die sich gem. § 115 Abs. 5 StVollzG alleine auf die
Prüfung von Ermessensfehlern beschränkt, nicht stand.
Aus der überaus kurzen Begründung des ablehnenden Bescheids ist nicht
ersichtlich, dass die Antragsgegnerin sich ihres eingeschränkten Ermessens
bewusst war und dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis mit ihrer
Entscheidung Rechnung getragen hat. Bereits dies führt dazu, dass die
Entscheidung rechtsfehlerhaft ist (vgl. HansOLG a.a.O).
Zudem stützt sich die Entscheidung mit dem einseitig herangezogenen
einzigen Aspekt der fehlenden Mitarbeitsbereitschaft lediglich auf einen
relevanten Aspekt, ohne weitere Ermessenserwägungen, wie etwa die Länge
und Intensität der Beziehung zur Lebensgefährtin, bisheriges
Besuchsverhalten, die Länge des Anreiseweges für Besuche, das allgemeine
Vollzugsverhalten des Antragstellers oder auch sonstige Lockerungen, die
ggf. zu berücksichtigen gewesen wären, zu benennen und gegeneinander
abzuwägen! Weder werden alle (erforderlichen) Aspekte der
Ermessensentscheidung benannt, noch ergibt sich aus der Entscheidung
eine Gewichtung der bei der Gesamtabwägung berücksichtigten Umstände.
Auch dies macht die Entscheidung fehlerhaft (vgl. HansOLG a.a.O).
Die Ermessensentscheidung ist - so sie denn überhaupt bewusst getroffen
wurde - in der vorliegenden Form für die Kammer inhaltlich nicht
nachvollziehbar und daher auch nicht dahin überprüfbar, ob sie dem
Rechtsanspruch des Antragstellers auf eine ermessensfehlerfreie
Entscheidung genügt.
Im Ergebnis hält die Entscheidung der Antragsgegnerin somit den
Anforderungen an eine hinreichende Ermessenausübung nicht stand und
war daher aufzuheben.